Die Autorin:
Katharina J. Ferner lebt und arbeitet als Schriftstellerin und Performerin in Salzburg und Wien. Jüngste Veröffentlichung: salamanderin, Gedichte, Limbus, 2025. www.kj-ferner.at; Anbandeln
Wie kommen Sie auf Uttendorf? Wo liegt das? Was machen Sie dort?
Manche dieser Fragen können wir anfangs selbst nicht so genau beantworten. Es gibt eine Bewerbung, verschiedene Denkrichtungen, Inspirationspotenzial, das wir erst ausschöpfen und entdecken müssen.
Nach einer kurzen Verortung an der Busstation (erster Aufenthalt) fahren wir erst einmal weiter. Später wird es der Weg zur Bahnstation, dessen Biegung uns jedes Mal ein wenig vertrauter vorkommt, die Straßenquerung, die uns stets einen kurzen Nervenkitzel bereitet. Das kurze Stück bergauf zur Dorfmitte verändert sich stark anhand der Wetterlage. Wir versuchen dem Trübsinn des grauverschleierten Hangs zu trotzen, der Kälte mit Kleiderschichten entgegenzuwirken, das Festival scheint uns in frühsommerlicher Ferne noch nicht ganz real.
Real sind die Wegweiser, die auch zu Orten führen, die es früher einmal gab. Wie die Dorfdisco, die letztlich eine hoffnungsfrohe Erinnerung an eine Zeit bleibt, als der Schnee nicht nur in künstlich beschneiten Rinnen ins Tal schmolz. In der Tourismusregion stehen der lokale Stausee und der auf vergilbten Plakaten beworbene Weißsee in Konkurrenz zu weiteren umliegenden Seen.
"Als Schreibende glaube ich daran, wenn es in einem Ort eine Bibliothek gibt, ist es um ihn nicht so schlecht bestellt."
Als Schreibende glaube ich daran, wenn es in einem Ort eine Bibliothek gibt, ist es um ihn nicht so schlecht bestellt, wenn bei einer Pizza noch geredet wird und nicht nur auf einen Bildschirm gestarrt, sei es der im Handformat oder einer dieser Barfernseher, auf denen meistens Sportsendungen in Endlosschleife laufen. Und ich überlege, ob wir vielleicht auch einen Ort bieten können, der Menschen für einen gewissen Zeitraum zusammen in den Dialog treten lässt, mit einer Tätigkeit, die die Hände beschäftigt – ohne, dass man dabei viel nachdenken muss.
Und ich überlege, welche Bedeutung Bänder haben, denke an alle möglichen Arten von Verkettungen, an rotweißgeflochtene Frühlingsankünder wie die Martenizi in Bulgarien und Rumänien, an Freundschaftsbändchen, die die Freundschaft überlebt haben oder deren Auflösung einen Bruch zur Folge hatte, an die Menschenkette der baltischen Staaten 1989, um für die Unabhängigkeit zu demonstrieren. Und ich stelle mir vor, wie sich das Band am Ende durch den ganzen Ort zieht und Bewohner*innen und Besucher*innen miteinander verbindet.
„Macht Arbeit“, sagen viele, die stehen bleiben.
Manche finden es schön, andere hässlich. Aber alle, auch jene, die vorsorglich murmeln, dass sie keine Zeit haben, halten kurz inne, um die bunten Farben zu betrachten und das Band zu berühren.
Anbandeln
Die drei Künstlerinnen Nora Grundtner, Katharina J. Ferner und Marlen Mairhofer wandern als ‚lebende Webstühle‘ durch Uttendorf und bitten die Uttendorfer:innen, Stück für Stück an einem fortlaufenden Band zu weben.