Salzburger Land

Resident: Manfred Tanner

„Die Freiheit ist uns viel wert“

Der Fotograf Bernhard Müller im Gespräch mit Manfred Tanner, Geschäftsführer Maschinenring Flachgau und Resident für Georg Nussbaumer / Gaugeläut – Komposition mit drei mobilen Kirchglocken in der Landschaft

 

Wo bist du aufgewachsen, wie ist dein Werdegang?

Ich bin eigentlich ursprünglich Tiroler, geboren in Schwaz und aufgewachsen in Maurach am Achensee. Ich war immer schon landwirtschaftlich interessiert, meine Leute haben selbst keine Landwirtschaft gehabt, aber mein Onkel und bei dem bin ich mehr oder weniger viel dabei gewesen. Die Volksschule hab ich in Maurach am Achensee gemacht, dann die Hauptschule in Jenbach und dann war die Entscheidung, da ich profimäßig im Langlauf tätig war, ob ich eher in Richtung Sport was mache oder in Richtung Landwirtschaft. Ich hab mich dann für die Landwirtschaft entschieden und bin nach Ursprung an die höhere Bundeslehranstalt für Landwirtschaft und hab da maturiert nach 5 Jahren. Dann hab ich meine Frau kennengelernt und bin hier hängengeblieben. Nach dem Präsenzdienst hab ich die Möglichkeit bekommen, beim Maschinenring anzufangen und bin seit 1998 dabei. Mittlerweile 23 Jahre, eine schöne Länge. Angestellt war ich am Anfang hauptsächlich für den agrarischen Sektor, alles was im landwirtschaftlichen läuft, Betriebshilfe, Maschinendienstleistung, Arbeitskräfte usw. und hab nachher alles durchgemacht. Zuerst waren wir 2 Leute im Büro, der Geschäftsführer und ich, hab dann praktisch 2006 die Geschäftsführung vom Verein übernommen und die gesamte Büroleitung vom Flachgauer Büro, mittlerweile sind wir jetzt 19 Leute. Zuerst hab ich mit meiner Frau bei ihren Leuten in Seekirchen gewohnt und dann haben wir uns 2004 hier in Schönstrass den Baugrund gekauft und sind dann 2009 mit der Familie hier eingezogen.

 

Was verbindet dich ganz stark mit Obertrum? 

Ja mittlerweile ist das hier Heimat, wobei ich ja eigentlich Tiroler bin und das Heimatgefühl sehr nahe ist, aber wenn ich jetzt nach Hause komme, ist das jetzt auch meine Heimat, das ist keine Frage. Und dann das ländliche und regionale Leben in Obertrum und die gute Infrastruktur. Weil wir haben eigentlich alles da, was wir wollen, den See und die Landschaft. Im Winter ist es schön, denn wir haben den Haunsberg, unseren Hausberg, wo wir viel droben sind. Und vom Dorfleben her gefällt es uns hier in Obertrum fast besser als in Seekirchen.

 

Viele Menschen zieht es ja in die Stadt sei es wegen der Infrastruktur oder dem kulturellen Angebot, warum bist du dageblieben? 

Dadurch, dass ich total am Land aufgewachsen bin und auch meine Frau, wollen wir und auch unsere Kinder einfach raus in die Natur und da war das Grundstück hier heroben fast wie ein Lottosechser, mit Grünland um uns herum. Da rennen auch 2 Schafe vom Sohn, das schauen wir uns dann noch an. Die Freiheit, sag ich mal, die ist uns einfach viel wert und für uns ist das auch kein Problem, dass wir 2 Kilometer vom Ortskern entfernt sind, weil man ist mit dem Rad gleich drunten und wir sind es so gewöhnt und das sind halt eher wir.

 

Ist Obertrum für dich mehr von Kultur oder von Kunst geprägt? 

Ich bin jetzt nicht der Mensch, den Kunst recht begeistert, sag ich mal ganz offen. Kunst und Kunst sind ja zwei Paar Schuhe, es gibt natürlich Kunst, die mir auch gefällt, die mir was gibt. Kultur gibt mir sehr viel, ist ja auch in Obertrum sehr viel, das Brauchtum, verschiedenste Feste, die kirchlichen Feste, der Bauernherbst, bis hin zu Veranstaltungen im Braugasthof wird hier viel geboten. Meine Frau ist da auch oft im Kabarett, das schau ich mir ab und zu auch an und da tut sich schon einiges. Ich empfinde es als sehr vielfältig und offen. Und was mir da heraussen so gefällt, wir haben die 15 Kilometer nach Salzburg hinein und da sind wir gleich in Stadt und da hab ich alles was ich brauch. Für die Kinder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln super erreichbar und wir sind aber trotzdem auf dem Land in der freien Natur.

 

Was verbindest du persönlich mit Kunst? 

Ich befasse mich persönlich eigentlich weniger mit Kunst, bei mir ist eher die Landwirtschaft im Hauptfokus. Wir haben uns letztes Jahr das Deixmuseum angeschaut. Früher hab ich mir das auch nicht so vorstellen können, aber wenn wir jetzt fortfahren, schaut man auch einmal eine Kirche an, ein Stift oder eine Ausstellung an, wie die in Krems im Museum, ansonsten bin ich eher der Techniker. Ich bin jetzt nicht der, der sagt, da ist eine Ausstellung und da stell ich mich rein und schau mir Bilder an. Ich muss aber schon sagen, speziell zu dem Projekt SUPERGAU, das mit den Glocken, das gefällt mir irrsinnig gut, weil das eine coole Geschichte ist. Es gibt da auch die Sache mit den Strohballen, das find ich auch eine super Idee. Aber auch Kunst im Bereich Bau, so wie das Hundertwasserhaus, dem steh ich offen gegenüber und wenn irgendwo eine Skulptur steht: gefällt`s mir oder gefällt`s mir nicht, hat der Künstler sich was dabei gedacht oder nicht.

 

Kunst im öffentlichen Raum ist oft eher im städtischen Umfeld zu finden, fallen dir hier in Obertrum Beispiele ein? 

Da muss ich nur an die Trumer Kreisverkehre denken, das ist irgendwo Kunst, aber widerspiegelt das Örtliche und ohne Kunst wär es irgendwie leer, weil dann schaut alles gleich aus. Es ist schon so, dass Kunst belebend ist in der Landschaft, sofern es in das Landschaftsbild passt und es gefällt mir schon, wenn man irgendwo hinkommt und da steht eine Skulptur, damit das Ganze lebendig wird.

 

Bist du ein musikalischer Mensch?

Ich hab früher mal Akkordeon gelernt, dann hab ich Steirische gespielt, also eher volkstümliche Musik. Wenn irgendwo die Blasmusik spielt, da geh ich hin, so wie es halt bei uns heraussen ist.

 

Mit der Komposition „Gaugeläut“ von Georg Nussbaumer wird die Gegend um Obertrum an verschiedenen Orten mit 3 Kirchglocken beschallt. Du stellst mit dem Maschinenring die technische Möglichkeit der Umsetzung. Wie war deine erste Begegnung mit dem Komponisten und welche Aufgaben hast du übernommen? 

Es war so, dass er auf uns zugekommen ist, wo er eben das Projekt mit dem Geläut erklärt hat und es ginge um den Transport von den Glocken. Die Glocken müssten halt an den verschiedenen Punkten positioniert und aufgestellt werden, wie macht man das logistisch, das war seine Grundanfrage. Zuerst sind wir noch von ganz andrem ausgegangen, einem Glockenstuhl, den man hinstellt und transportiert es mit einem LKW und sammelt es dann wieder ein. Da sind wir dann aber wieder weggekommen davon, weil es zeitlich zu kurz gewesen wäre, und dann haben wir beschlossen es mit 3 LKWs zu machen. Jeder Fahrer fährt dann an den Ort und fährt dann weiter, weil es gibt ja auch Tage an denen 2 Geläute gespielt werden. Und da haben wir dann gesagt, ja das können wir machen. Wir haben im Hintergrund unsere Subunternehmer oder bäuerliche Dienstleister mit denen wir arbeiten. Dann war natürlich die Herausforderung, wo sind die ganzen Plätze und da hat mich der Herr Nussbaumer wieder kontaktiert und gemeint, er hätte das eigentlich alles auf GoogleMaps eingezeichnet. Ich hab mir dann die Dateien angeschaut und dadurch war dann die Planung für uns einfach, ich will aber nicht zu vorschnell sein, weil vielleicht tritt ja noch das ein oder andere Problem auf, mit dem wir noch nicht rechnen können. Wir, die wir ja im ländlichen Raum sehr viel tätig sind, konnten dann aus dem Effeff sagen, das geht, das geht nicht, da können wir hinfahren, da müssen wir den fragen, weil das sein Grund ist, das ist ein Privatweg, fragen wir mal bei dem Bauern. So ist das Ganze abgelaufen und wir sind dann gut zusammengekommen.

 

Was treibt den Künstler deiner Meinung nach an, sich mit dem öffentlichen Raum auseinander zu setzen bzw. Musik zu schaffen, die wie beim Gaugeläut den Rahmen von Konzertsälen verlässt?  

Das kann ich dir jetzt auch nicht sagen, aber ich find es eine gute Idee, es ist im Freien und es ist etwas nicht Alltägliches. Und die Kunst sollte ja auch etwas sein, das uns vom Alltag ablenkt, uns vielleicht auf andre Gedanken bringt. Den wirklichen Hintergrund trau ich mir nicht zu beurteilen.

 

Der Klang von Kirchenglocken ist ja nur im sakralen Umfeld zu hören und auch immer mit einem Anlass verbunden. Georg Nussbaumer verlässt mit dieser Aktion die religiöse Funktion der Glocken und stellt die Kirchenglocken als Instrumente in den Dienst der Kunst. Gab es von deiner Seite Bedenken? 

Kirchenglocken haben aus meiner Sicht sehr viele Bedeutungen. Fröhliche Anlässe wie Hochzeiten, traurige Anlässe wie Beerdigungen und Todesfälle, das Stundenläuten. In Kirchenglocken hört man immer einen andren Klang, immer Anlass bezogen und der Anlass beim Festival ist halt wieder ein ganz ein anderer. Es gibt ja auch verschiedene Konzerte bis zum Rockkonzert, bei denen Glocken benutzt werden und ich seh es überhaupt nicht problematisch, weil die Kirchenglocke kann natürlich auch als Instrument genützt werden. Warum sollte die Kirchenglocke nicht auch für so ein Erlebnis genützt werden.

 

Als Gastgeber und technischer Umsetzer des „Gaugeläutes“ wirst du sicher auch deinem Freundeskreis und Bekannten davon erzählen. Wie sind die Reaktionen darauf und wie glaubst du wird die Bevölkerung es aufnehmen? 

An Reaktionen ist relativ wenig an mich zurückgekommen, einige haben schon was davon gehört und auch gehört, dass wir da beteiligt sind, aber es kam weder positive noch negative Resonanz und viele haben es noch gar nicht registriert, dass das Festival stattfindet. Ich glaube schon, dass das auf Interesse stößt und Neugierde weckt, was tut sich da, was machen die da. Und wenn dann auf einmal die Kirchenglocken zu einer Melodie hier in der Gegend erschallen, könnte ich mir schon vorstellen, dass das interessant für die Leute ist, dass die Leute einfach vor ihr Haus gehen und zuhören. Speziell aber für die, die sich mit der Thematik befassen und dort hinfahren und aktiv in dem Klangradius hören. Ich werde sicher auch hinfahren und zumindest bei der ersten dabei sein.

 

Wirst du dir auch noch andere Aufführungen, Installationen oder Projekte anschauen? 

Was mich sicher interessiert, ist die Sache mit den Strohballen und ich werde auch sicher bei dem ein oder anderen öffentlichen Kunstwerk vorbeifahren, das mit dem Ei z.B. ist ja auch ganz in unserer Nähe. Weil ich auch bei dem Gaugeläut dabei bin, krieg ich auch mehr Verbindung und schau mir deshalb auch das ein oder andere an. Ich sehe das schon als Bereicherung, gerade in der jetzigen Zeit, wo die Leute eh wenig tun können, eine schöne Alternative im Freien. Vielleicht ist das auch für die Leute, die sonst nicht so viel damit anfangen können, der Vorteil und sie sagen, Klasse dass das gemacht wird, weil sonst hätten wir gar nichts. Das ist jetzt gar nicht abwertend, aber wenn halt in normaler Zeit da ein Fest ist und da ein Feuerwehrfest und was auch immer, da hat halt so ein Festival eher die Gefahr, dass es untergeht und nicht so gewürdigt wird, wie es ihm eigentlich zusteht. Der Aufwand, der da dahintersteht, so viele, die schon so lange dran arbeiten und sich wirklich was denken und bewegen möchten. Das kommt in der normalen Zeit nicht so an, glaub ich, weil die Leute dem nicht so Gehör schenken wie jetzt.

 

 

 

 

 

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