Residents: Katharina und Thomas Unger
Der Fotograf Bernhard Müller im Gespräch mit Katharina und Thomas Unger, Bauernhofferien in Oberdürnberg und ResidentInnen von Anna Pech und Moritz Matschke, Das Gelbe vom Gau
„Es muss nicht immer alles perfekt sein.“
Wo seid ihr aufgewachsen, wie ist euer Werdegang?
Katharina: Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden, meine Eltern haben auch einen Milchviehbetrieb gehabt, hab dann die HBLA gemacht, die Höhere Bundeslehranstalt, und hab bei einem Steuerberater doch zum Lernen angefangen, weil ich mich doch für einen Beruf entschieden hab, weil ich einfach Geld verdienen wollte und eher der Arbeitertyp bin. Ich hab dann bei dem Steuerberater eine Treuhandassistentenausbildung gemacht, eine Buchhalterausbildung und Bilanzbuchhalterin, da war ich dann 15 Jahre in der Firma. In der Zwischenzeit hab ich den Thomas kennengelernt, da war aber eigentlich gleich einmal klar entweder ich komm zum Hof oder unsere Beziehung geht auseinander, weil er eine Bäuerin gesucht hat und dadurch hab ich mich als Bäuerin entschieden. Zuerst war ich sehr unschlüssig, aber die Liebe hat halt doch den höheren Rang gehabt und jetzt bin ich einfach froh, dass das so gekommen ist. Eigentlich lenkt einen das Leben dahin, wo man hingehört und ich ginge jetzt nie wieder ins Büro zurück. Vor 7 Jahren bin ich auf den Hof hergekommen, hab nebenbei noch gearbeitet und dann haben wir unseren ersten Sohn bekommen, den Manuel, dann unseren zweiten Sohn, den Simon, und jetzt den Sebastian. Vor 2 Jahren haben wir beide den Bauernhof von den Schwiegereltern übernommen und ich bin jetzt bei den Kindern daheim, und betreue den Hof und die Gäste, und werde auch immer daheim bleiben. Ich hab das ganze Jahr Urlaub (Katharina lacht herzhaft), Urlaub und Arbeit, es ist auch schön, wenn man dort arbeitet, wo andere Urlaub machen.
Thomas: Ich bin hier im Betrieb aufgewachsen, hab drei Schwestern und es war immer im Vorhinein klar, dass ich den Hof übernehmen werde. In Ursprung hab ich die Landwirtschaftsschule gemacht, die HBLA, und hab dann zum Arbeiten angefangen. Bin dann 13 Jahre bei einer Firma, der Firma Wagner Melktechnik, gewesen und jetzt bin ich nur noch aushilfsmäßig unterwegs seit wir den Betrieb übernommen haben vor 2 Jahren. Schlussendlich wird es sich ausgehen, dass ich nur noch zu Hause arbeite, wir haben eine reine Milchwirtschaft und geben die Milch ab.
Was verbindet euch ganz besonders mit Oberdürnberg, der Region und dem Flachgau?
Thomas: Die Umgebung, die Nähe zur Stadt, auch dass wir so zentral liegen. Der Fußball ( Thomas lacht). Und halt auch das Gemeindeleben, die Feuerwehr und so, das war auch ganz nett in der letzten Zeit, wo nichts los war.
Katharina: Bei mir ist es ein bisschen schwierig, weil ich bin ja hergekommen von Oberösterreich aus der Nähe von Straßwalchen. Was mich verbindet? Ich bin schon immer im Flachgau fortgegangen. Ich lieb einfach die Umgebung, wenn ich rausgeh und dann die Berge sehe, das Grüne, das ist für mich einfach der Flachgau, das Hügelige, die Berglandschaft, die Leute, die Gemeinschaft, ich bin bei den Bäuerinnen im Vorstand. Vor allen Dingen ist die Verbindung durch meinen Mann, weil wegen dem bin ich hergekommen.
Was hat dich, Thomas, hier in Oberdürnberg besonders geprägt?
Thomas: Das ist, glaub ich was bei den Familienbetrieben sehr häufig ist, dass alle Generationen auf dem Hof leben, dass man sehr viel von seinem Großvater erfährt wie es früher war. An das denkt man auch immer gerne zurück und das ist auch grundsätzlich sehr schön, auch wenn es ab und zu schwer ist, weil ja jeder eine andre Meinung hat, aber irgendwie kommt man ja doch wieder zusammen.
Viele junge Menschen zieht es in die Stadt, was hat euch beide hier gehalten?
Katharina: Mich zieht es gar nicht in die Stadt hinein, aber das darfst jetzt nicht schreiben (Katharina lacht). Wir sind nie in die Stadt Salzburg gefahren, von klein auf nicht, bei uns war halt eher Vöcklabruck, und das ist ja auch ganz klein. Mich zieht es nicht in die Stadt, weil erstens kenn ich mich in der Stadt nicht aus und zweitens find ich die Leute am Land viel sympathischer, das ist halt schön, wenn dich jemand grüßt und wenn dich jemand anschaut. Ich mag halt das Weitlebige, das Gedränge und das Enge in der Stadt, das bin ich gar nicht. Ich fahr gern mal für einen Nachmittag hinein und das wars dann auch für das Jahr (Katharina lacht).
Was verbindet ihr mit dem Begriff Kunst?
Katharina: Das wird jetzt schwierig, weil bei Kunst kennen wir uns nicht aus.
Thomas: Also Kunst ist für mich grundsätzlich eher mehr Malerei und so was. Für mich ist das interessant, was für Gedanken die Leute haben, deren Leben die Kunst ist. Es ist auch interessant mit dem Moritz und der Anna darüber zu reden, die haben oft ganz andere Gedankengänge.
Katharina: Für mich ist Kunst auch eher malerisch oder wenn`s mit Holz zu tun hat, also eher mit Objekten, die ich angreifen kann. Ich find`s einfach lustig, dass die Künstler ganz andere Ansichten haben, vielleicht noch sehr gesunde Ansichten, weil sie halt ein wenig gelassener durch`s Leben gehen, was ja gut ist. Es ist interessant, dass jeder Mensch so individuell ist und auch so viele Gedanken hat. Ich denk mir`s oft bei unserem Manuel, der ist eher auch angehaucht von der Sache, er malt halt gleich was, ich glaube das hat man einfach von klein auf im Blut.
Gab es in der Vergangenheit eine Ausstellung, die euch besonders berührt hat?
Thomas: Ich weiß zwar jetzt nicht genau wie die Ausstellung geheißen hat, aber das war in Wien eine Ausstellung vom Nitsch, den hat man sich halt gemerkt mit seiner Blutmalerei, das war natürlich interessant, weil man vorher schon viel davon gehört hat.
Zu welcher Kunstrichtung fühlt ihr euch hingezogen?
Katharina: Musik und Malerei am ehesten. Theater, da gehen wir eher in ein Bauerntheater, in Seekirchen, wo man halt die Mitspieler kennt, weil das ist dann lustig, aber dass wir jetzt so in ein Theaterstück oder Musical fahren, da sind wir beide nicht die Typen. Aber es ist halt auf einem Bauernhof schwierig, wir sind immer daheim. Wenn es die Zeit erlauben würde, würden wir uns in der Richtung auch mehr anschauen. Und mit 3 Kindern ist auch immer was los. Wenn wir dann mal Zeit haben, sind wir auch mehr die Typen, die in die Berge gehen, als dass wir uns eine Ausstellung anschauen, so ehrlich muss man sein, das ist für uns mehr Ausgleich.
Mit der begehbaren Skulptur „Das Gelbe vom Gau“ von Anna und Moritz wird eure landwirtschaftlich genutzte Wiese umfunktioniert und das Umland mit zeitgenössischer Kunst konfrontiert. Wie kam es dazu und was hat Euch veranlasst die Wiese zur Verfügung zu stellen?
Katharina: Der Moritz hat uns einmal an einem verregneten Sonntag angerufen und hat um ein Zimmer angefragt. Dann hab ich ihm gesagt, das weiß ich jetzt nicht, weil wir dürfen eigentlich wegen Corona nur Arbeiter beherbergen und keine Gäste. Da hat er gemeint, er wäre ein Arbeiter. Ich hab ihn dann gefragt bei welcher Firma er arbeitet, vom Gelben vom Gau hat er da noch nichts gesagt, aber er hat gemeint er hätte da eh noch ein anderes Anliegen, er war total nett am Telefon. Und dann hat er mir von dem Kunstprojekt erzählt, ob ich schon was von dem Festival gehört hätte, aber zur Zeit tun wir wegen den Kindern nicht Fernsehschauen, sondern mehr Lesen. Für mich war das ganze kein Problem, aber ich wollt noch meinen Mann fragen, weil was die Wiese angeht, da sind die Männer kritischer (Katharina lacht). Wir haben dann den Moritz angerufen, dass es passt für uns, und er ist dann 3 Stunden später schon gekommen, weil er zufällig in Obertrum war und dann war das eigentlich geklärt. Wir haben gesagt, dass das lustig ist, wenn das bei uns ist, weil dann rührt sich einfach in der toten Zeit ein bisschen was und selber hat man auch die Chance, dass man hinkommt.
Thomas: Nachdem man laufend hört, dass die Kultur sehr leidet unter dem Ganzen und besonders die Künstler, muss man nicht immer gegen alles sein. Der Moritz war total nett und hat auch gemeint, dass es so schwierig ist, dass er einen Bauernhof findet. Die Fläche 30 x 30 Meter ist ja auch nicht die ganze Wiese und man kriegt auch eine Entschädigung dafür. Das war dann auch kein Thema mehr für uns.
Ihr bietet auf eurem Bauernhof Urlaubsunterkünfte an und seid es gewöhnt Gastgeber zu sein. Anna und Moritz wohnen ja auch während des Festivals bei euch und ihr erhaltet einen sehr nahen Einblick in die Arbeitsweise der beiden KünstlerInnen. Hat sich euer Verständnis zu zeitgenössischer Kunst dadurch verändert?
Thomas: Einen Einblick haben wir auf alle Fälle bekommen.
Katharina: Von Kunst haben wir jetzt eigentlich gar nicht mit den beiden gesprochen, man muss sagen wie es ist, wir haben eigentlich immer über was anderes geredet. Es ist ja so bei den Gästen, die wollen das Bauernhofleben wissen, wie wir leben, wann wir aufstehen, wie es mit den Kindern auf einem Hof läuft, wie es mit den Urlaubern so ist. Über die Kunst haben wir noch nicht gesprochen, nur dass es halt schwierig ist, sagt der Moritz, weil halt jetzt die Coronazeit war und allgemein für Künstler nicht so leicht, weil entweder man hat einen Auftrag oder man hat keinen. Das ist bei uns Gott sei Dank anders, weil wir haben jeden Tag unsere Milch. Aber ich find es einfach lustig mit den beiden, wie sie das machen, sie sind total nett, aber halt ganz anders als wir Bauern, bei uns geht der Tag regelmäßig um 5 Uhr an und sie sind viel gelassener, fangen um 10 Uhr an oder um 11 Uhr. Sie sind halt anders, aber das find ich auch gut so, weil jeder hat seine Richtung, wo es für ihn passt. Ob sich unser Verhältnis geändert hat: ich find`s toll, dass man auf so eine Idee kommt und aus so einer kleinen Sache was macht.
Was treibt Eurer Meinung nach junge KünstlerInnen an, sich mit dem öffentlichen Raum auseinander zu setzen bzw. Kunst zu schaffen, die wie beim „Gelben vom Gau“ zeitlich begrenzt ist?
Katharina: Vielleicht weil sie auch die junge Generation mit Kunst ansprechen wollen, in der Natur vor allem, das bietet sich ja jetzt an. Ich find halt schon, die jungen Leute, gerade in unserem Alter, auch in unserem Freundeskreis, da fährt kaum einer zu einer Kunstveranstaltung. Ich glaub schon, dass das im ländlichen Raum noch ziemlich wenig Einfluss hat, die Kunst. In der Stadt wird Kunst viel mehr gelebt als auf dem Land. Ich find es gut, dass es jetzt einmal auf das Land kommt und find es auch klasse, dass die Kunst in der Natur stattfindet. Das Bild von den beiden ist für mich von den ganzen Sachen das Schönste, erstens sind`s meine Lieblingsfarben Grün und Gelb und dann find ich`s so schön – der gelbe Fleck in der Natur.
Thomas: Momentan passt`s sowieso so gut das Gelb in die grüne Landschaft.
Katharina: Harmonisch ist`s einfach. Das würd gar nicht so wirken, wenn der Ballon rot wär.
Kunst im öffentlichen Raum befördert ja immer eine Auseinandersetzung der ansässigen Bevölkerung. Als Gastgeber werdet ihr beide sicher Reaktionen aus dem Freundeskreis oder Nachbarschaft mitbekommen, wie wurde das Kunstwerk bis jetzt angenommen?
Thomas: Ganz positiv, es schaut sich jeder an, und wenn das nicht jeder täte, sähe er`s auch nicht positiv (Thomas lacht). Letztens war ich einkaufen und da hat mir die von der Kassa erzählt, dass sie auf dem Weg zur Arbeit vorbeigefahren wäre und die hat`s sich auch gestern angeschaut. Ich glaub schon, dass das sehr positiv aufgenommen wird. Oft ist es ja so, vor allem in der Bildmalerei, dass Sachen gemalt werden, da kann so ein Laie nichts anfangen damit und das wird dann oft schlecht angenommen, weil er halt nichts sieht in dem Bild. Das ist ein Objekt, das ein jeder kennt, damit kann er vielleicht mehr anfangen als wenn`s ein Bild ist. So glaub ich ist`s hier in der Bevölkerung.
Die Skulptur ist ständig in Veränderung, abhängig auch vom Wetter und schafft einen neuen Blick auf die Landschaft und Natur. Wie geht es euch damit? Empfindet Ihr diese Skulptur im Landschaftsbild als Bereicherung?
Katharina: Die Aussage von der Skulptur ist eigentlich, dass man nicht alles planen kann, aus einer Sache kann man zehn Sachen machen. Die Skulptur, wie die beiden es sehen, die läuft halt mit der Natur. Wenn der Wind geht, dann bläst er halt hinein, und wenn nicht, dann bleibt der Ballon halt liegen. Das soll auch die Kunst sein, es muss nicht immer alles perfekt sein. Gerade wenn man hinein geht, dann ist`s als wenn man in der Sonne steht, es ist so hell, es gibt einem fast so was wie Lebensenergie, so eine Lebenskraft, auch für die Kinder ist`s ein Wahnsinn.
Thomas: Das macht es ja so interessant, wenn man`s mit dem Wind aufblasen lässt. Interessanter noch als wär`s ein Ballon, der gleichmäßig gefüllt ist, das muss man schon sagen.
Katharina: Ich hab immer geglaubt der Ballon ist den ganzen Tag aufgeblasen und fertig. Aber das spricht die Leute ja vielmehr an, wenn sie da reingehen können, der Ballon immer in der Welle liegt. Fix aufgeblasen kann man ihn nur anschauen und so kann man aktiv dabei sein.
Nehmt ihr die Möglichkeit wahr, euch auch andre Projekte des Festivals anzuschauen oder habt ihr da weniger Zeit dazu?
Thomas: Ich hab mir schon gedacht, dass ich mir das beim Umspannwerk anschaue und da ist ja nebenan auch die Heilige Scheisse, die waren gestern ja auch hier.
Katharina: Die haben wir gestern getroffen, das ist eine ganz lustige, die Anna. Weiter werden wir jetzt nicht fahren und wie es halt auch die Zeit erlaubt, weil wenn es jetzt schön Wetter wird, dann haben wir den ersten Schnitt zu machen, und am Freitag reisen bei uns die ersten Gäste an, da sind wir dann immer eingespannt, es ist einfach so. Wenig Freizeit.
Bereut ihr es, dass ihr die Wiese zur Verfügung gestellt habt?
Katharina: Nein auf keinen Fall. Ich find das total lustig und man kommt wieder zu andren Leuten. Die zwei sind auch so unkompliziert. Und das Gras, das haben wir eh den Kühen geben können. Es ist kein Schaden entstanden und ich find es auch klasse, dass die Leute animiert werden, dass sie mit dem Rad herkommen, zu Fuß, mit dem Bus und dass nicht jeder wieder mit Auto herfährt. Dass das größtenteils auch so funktioniert, das hätt ich nicht geglaubt.