Salzburger Land

Resident: Heidi Rosenstatter

„Das macht etwas mit einem“

Bernhard Müller im Gespräch mit Heidi Rosenstatter, Biohotel Schiessentobel in Seeham und Residentin für Nesterval.Martin Finnland und Teresa Löfberg, Sankt Peter |Partizipative Theaterperformance

 

Wo bist du aufgewachsen, wie ist dein beruflicher und persönlicher Werdegang?

Aufgewachsen bin ich in der Nachbargemeinde in Berndorf, ausserhalb, so eine ähnliche Lage wie bei uns da, auch auf einem Bauernhof mit den Eltern, dem Bruder und den Großeltern. Es war eigentlich eine schöne Kindheit. Mit 10 Jahren ist meine Mama gestorben, das war dann nicht so leicht für uns alle miteinander, aber das haben wir auch geschupft. Aber das prägt einen. Ich hab dann HBLA (Höhere Bundes Lehranstalt) gemacht und hab`s dann kurz vor Abschluss… das darf ich jetzt eigentlich gar nicht sagen (Heidi lacht), abgebrochen. Ich hab einfach gemerkt, ich muss etwas mit den Händen machen und dann hab ich so ein bisschen herumgesucht, Instrumentenbau hätte mir getaugt, geworden ist es dann Glasgraveurin. Es hat einfach etwas kreatives sein müssen und das ist auch jetzt noch, dass ich etwas mit den Händen machen muss. Ich hab dann die Lehre gemacht und am Ende meiner Lehre hab ich meinen Mann kennengelernt, und so hat sich das ergeben, dass ich da gelandet bin. Vorher hab ich nichts mit Gastwirtschaft zu tun gehabt, aber da wächst man gut hinein. Dann 2 Kinder bekommen, der Felix und die Maria, der Felix studiert in Wien Politikwissenschaft, die Maria ist jetzt daheim, die hat in einem anderen Betrieb Köchin gelernt und ist seit 2020 bei uns im Betrieb.

Wie kam es , dass ihr euer Hotel biologisch betreibt? 

Wir haben 1994 die Landwirtschaft auf Bio umgestellt, das war damals noch der Schwiegervater, der hat sich recht für den Biolandbau eingesetzt. 2002 haben wir auch den Hotelbetrieb umgestellt auf 100% Bio, weil wir gesagt haben, das wollen wir jetzt ganz durchziehen. Das ist auch der einzig richtige Weg, also für uns halt. Das war damals am Anfang noch richtig schwierig, dass wir die ganzen Produkte gefunden haben, dass wir uns Sachen zusammengesucht haben, die man damals noch nicht gekriegt hat, Olivenöl und alles was nicht regional war. Jetzt ist alles ganz einfach mit dem Bestellen.

Was verbindet dich ganz besonders mit Seeham und der Region? 

Ich schätze die Lage, die wir da haben, so sehr. Die Natur und wir haben das Wasser, hinter unserem Haus das ist ein Idyll, der Wald und der Wasserfall, einfach ein ganz besonderer Platz. Das gilt halt auch, dass man darauf schaut. Dann der See im Sommer, am schönsten ist es, wenn man um 6 Uhr in der Früh runterfährt und dann reinspringt und eine Runde dreht, die Sonne geht grad auf, da hat man Energie für den ganzen Vormittag.

Was hat dich als hier aufgewachsener Mensch besonders geprägt? 

Es ist sicher die Naturverbundenheit, das ist mir ganz wichtig und aus dem hol ich auch meine Kraft heraus oder bekomm sie auch wieder. Dass man darauf einfach wirklich schauen muss. Was man in die Hände kriegt in der Zeit, die man lebt, dass man das bestmöglich macht.

Viele junge Menschen zieht es in die Stadt hinein, war es auch die Natur, die dich da gehalten hat? 

Auf jeden Fall. Ich mach wirklich gern eine Städtereise, das interessiert mich kulturell und was es in der Geschichte alles gibt und das taugt mir zu der Zeit auch voll, aber ich bin dann auch wieder froh, wenn ich auf`s Land wieder heimkomme.

Wie siehst Du in Obertrum das Verhältnis zwischen Kultur und Kunst? 

Bei den Vereinen bin ich jetzt überhaupt nicht aktiv, das wäre zeitlich auch gar nicht möglich. Ich muß schon sagen das Brauchtum ist wichtig da auf dem Land, verbunden damit natürlich die Kultur. Bei Kunst tut sich dann schon wieder einiges, es gibt eher so kleine, feine Geschichten und das ist das, was mir so gefällt. Ich geh auch gern mal in`s Festspielhaus, aber so für mich selbst, mag ich die kleinen Sachen. Es ist jetzt auch ein bisschen am entstehen, dass sich handwerkliche Künstler von da zusammenschließen, sich vernetzen und dann ganz klasse Sachen machen. Kleine Ausstellungen, die für mich etwas ganz besonderes sind. Man merkt einfach wieviel Herz da dahinter ist, nicht einfach herausgestampft, das wächst ganz langsam und da entwickelt sich etwas. Ich mag das sehr gern, wenn etwas langsam entsteht und reift. Und natürlich klasse, das so etwas da bei uns stattfindet, mal ganz was anderes (Heidi lacht).

 

Was verbindet Dich persönlich mit Kunst?

Es ist einfach ganz viel Ausdruckskraft drinnen, ganz viel Gefühl und das ist das Schöne dran, das was man auch erspüren muß, wenn man da hingeht, man hört, man sieht mit allen Sinnen und das macht etwas mit einem.

Kannst du dich an eine prägende Begegnung mit Kunst erinnern?

Was ein wirklich großes Erlebniss war: bei uns war ein Opernsänger da, der Bob Gambill, und der hat immer bei den Festspielen gesungen und irgendwann ist er gekommen und hat zu mir gesagt „Heidi jetzt nimmst du dir Zeit, fährst mit rein nach Salzburg und schaust zu!“. Und das hat sich die Jahre immer wieder wiederholt und das war schon beeindruckend bei den Festspielen, das zu erleben und auch was die leisten. Hut ab.

Welche Kunstrichtung interessiert und begeistert dich?

Bei Musik bin ich ganz offen, nur was ich absolut nicht mag ist volkstümliche Musik, da tun mir echt die Ohren weh (Heidi lacht sehr). Das wandelt sich bei mir ständig, je nachdem in welcher Stimung ich bin, einmal hör ich eher irgendetwas sehr klassisches oder opernmäßiges, dann wieder das Herbert Pixner Projekt, das find ich genial. Was mich auch ganz besonders freut, die Heidi Pixner die macht bei uns Konzerte im Wald, ein zwei Mal im Jahr. Sie spielt Harfe, das ist ein wunderbares Instrument und besonders so wie sie das spielt. Das seh ich auch als Geschenk, dass wir da so interessante Leute durch unseren Beruf kennenlernen dürfen. Ich mag einfach Musik, wo man merkt, da ist jetzt ein Gefühl dahinter. Ich spiel selber ein bisschen Klavier, nur für mich, wo ich jetzt durch Corona wieder mehr Zeit dazu gehabt hab. Und bei Kunst interessiert mich viel, selbst tu ich auch was, Steine schleifen, das hat sich vom Glasgravieren entwickelt, da merk ich einfach, wenn ich einen Stein in der Hand hab, was da drauf will. Das ist auch für mich so ein bisschen Abschalten, ein Bereich für mich.

Bist du Theaterliebhaberin?

Ja schon eigentlich! Die Zeit fehlt mir ein bisschen dazu, aber das mag ich ganz gern. Die ganz ernsten Sachen schau ich mir eher nicht an, weil das zieht mich dann fast runter. So ein Stück, wie das jetzt, das hat ja auch was mit Schöpfung zu tun, was jeder hinein interpretiert. Auch bewundere ich die Schauspieler sehr, wenn sie eine Rolle gut verkörpern, die müssen ja eins sein damit. Ich bin mal eher im kleinen Theater in Salzburg, da mag ich auch eher wieder die kleinen Geschichten, obwohl natürlich auch so ein Jedermann beeindruckend ist und wenn bei uns auf der Seebühne was ist. Nur da hab ich meistens keine Zeit im Sommer, das ist ein bisschen schade, dass ich das nicht miterleben kann.

Mit „Sankt Peter“ von Nesterval wird auf eurem Grund ein ganz besonderes Theaterstück aufgeführt. Wie war Deine erste Begegnung mit den Künstlern und was hat, Euch veranlasst hier als Gastgeber euren Grund zur Verfügung zu stellen?

Wenn ich ganz ehrlich bin, die erste Begegnung das war eigentlich nur ein Schreiben, das wir bekommen haben, dass sie das gesehen haben und das Projekt hier passen würde. Da hab ich mir dann gedacht Nein nicht bei uns, weil ich mir gedacht hab, das ist was irrsinnig Großes und ich will eigentlich nicht, dass zu unserem Ort, wo so viel Ruhe ist, ein Haufen Leute kommen, da hab ich Angst davor gehabt und hab mal von Haus aus Nein gesagt (Heidi lacht). Dann war das aber ganz witzig, ich war mit einer Freundin aus Hamburg beim Wandern im AusseerLand, meine Freundin ist zufällig eine Freundin von der Tina Heine und dann ruft die Tina die Heike, meine Freundin, an und fragt sie, ob sie nicht nochmal mit mir reden könnte und dann hab ich gesagt, Ja warum auch nicht, einfach mal treffen und drüber reden. Dann sind sie gekommen und dann hab ich gemerkt, wir werden nicht mit Völkerwanderungen überschwemmt, es ist doch eine kleine und feine Theatergeschichte, und dann hat sich das ganz gut angehört. Wir sind dann mal das Gelände zusammen abgegangen und haben schnell gemerkt, das könnte gut passen. Und jetzt bin ich voll froh, es freut mich jetzt, dass sie da sind und da etwas entstehen kann.

Das Stück „Sankt Peter“ beschäftigt sich mit dem Sehnsuchtsort Heimat, mit den Fragen nach Fremde, Liebe und Schuld und bezieht auch das Publikum in das Spielgeschehen mit ein. Wie definierst Du für Dich den Begriff Heimat?

Das ist schon der Ort, wo ich runterkomme, ich merk`s, wenn wir vom Urlaub heimkommen und wir fahren den Berg hoch, obwohl es schön war im Urlaub denk ich mir so: Jetzt komm ich wieder an, jetzt bin ich wieder daheim. Heimat ist für mich Natur, Sicherheit, auch das Umfeld, da gehören die ganzen Freunde dazu, die Familie. Das Verwurzeltsein. Vielleicht gehört für mich auch noch dazu, wenn wir den ersten Schnitt vom Gras machen, das ist ein ganz ein eigener Geruch und das ist irgendwie so vertraut, so etwas urtümliches, und wie auch jede Jahreszeit so anders riecht, das gehört genauso zu Heimat.

Als Gastgeberin und Hotelbesitzerin wirst Du sicher auch Eurem Freundeskreis und Bekannten davon erzählen oder du bist schon darauf angesprochen worden. Wie sind die Reaktionen und wie glaubst Du wird die Bevölkerung es aufnehmen?

Ich denk mal grundsätzlich positiv, die die eher ein volkstümliches Theaterstück mögen, die schauen sich das eher nicht an und die anderen, die sind sicher interessiert und denen taugt es auch, dass in unserer Gegend so etwas stattfindet. Ich bemerke da lauter positive Reaktionen.

Nesterval arbeitet ja seit Tagen bei Dir im Hotel und bereitet das Theaterstück vor. Ist die künstlerische Arbeit der beiden für Dich eine Bereicherung und wie hat sich dein Blick auf Ihre Arbeit im Laufe der Zeit verändert?

 Auf jeden Fall. Mal ganz was Anderes. Erstens sind es total liebe Leute, das passt super, und so wie gestern, wo das Wetter nicht so schön war und Indoor geprobt wurde, einzelne Szenen und du denkst dir: Was ist denn jetzt los? Weil man wieder nicht  dran denkt und da ist grade ein Streit und du denkst dir, da muß ich jetzt eingreifen, und bis du dann draufkommst, das ist jetzt gar nicht wirklich, die proben. Viel bekomm ich nicht mit, weil die Schauspieler verteilt sind und doch unter sich sind. Und mit Corona muß ja alles passen und da ist man auch nicht so auf Tuchfüllung, aber das was ich mit bekomme, das ist schon witzig, und dann bellt auf einmal wieder der Hund, der auch mit spielt. Theater halt.

 Das Festival SUPERGAU im Flachgau ist im SalzburgerLand ein ganz neuer Ansatz Kunst im öffentlichen Raum zu zeigen und durch die Aufführungen im Freien trotz Corona für die ganze Bevölkerung zugänglich. Ein Konzept für die Zukunft? 

Ja Gott sei dank, sonst lohnt sich der Aufwand ja gar nicht, sonst hätten sie es filmen müssen, aber natürlich ist es, wenn man es live erlebt, etwas ganz anderes. Ich bin wirklich dankbar und freu mich für die Schauspieler, dass das stattfinden kann, auch mit Publikum, auch wenn die Regeln noch sehr straff sind. Weil das eine lebt vom andren, die Energie, die hin- und herfließen muß, das gehört zur Kunst und zum Austausch. Wenn die Künstler auf Bühnen spielen und das Publikum nicht sehen, dann ist das schwierig, weil sie die Reaktionen nicht einschätzen können, man braucht den Kontakt und den Dialog.

Wirst Du selbst die Möglichkeit wahrnehmen dir verschiedene Installationen und Projekte anzuschauen und freust du dich darauf?

So weit es geht werd ich mir das ein oder andere schon anschauen. Wir sperren am 19.Mai ja wieder auf und wir müssen schon schauen, dass wir wieder Geld verdienen können, weil das war schon eine harte Zeit. Aber ich freu mich jetzt voll drauf und hoffe, dass das Wetter gut mitspielt. Aber das werden wir schon hinkriegen, das schicken wir nach Oben, dass wir uns ein gutes Wetter wünschen und für so schöne Projekte, glaub ich, werden sie dann schon mitspielen.