Miriam Hamann – Metamorphosis

Miriam Hamann – Metamorphosis

Text: Claus Friede

Miriam Hamann taucht mit ihren Werken in unsere Lebensrealität ein und taucht wieder auf mit klaren, reduzierten, höchst ästhetischen Installationen und Objekten. Licht und Sound spielen eine gewichtige Rolle. Zwischen Objects Trouvés und alltäglicher Werksanfertigung kühlt die im oberösterreichischen Wels geborene Künstlerin den ersten physischen Eindruck – die psychischen Gefühlswelten lässt sie aber schließlich doch im Immateriellen erwachen. An der weißen Wand hinter ihr hängt nichts, geleerte Reduktion.

In Wien lebend, im Ausland gereist, studiert, gearbeitet: Frankreich, Norwegen, Finnland, Niederlande, Deutschland – in Europa ist sie mit sich und den Arbeiten zuhause. Acht Preise und Stipendien und acht Residency-Aufenthalte. Wenn die Acht kippt wird sie unendlich.

Ein wenig Physik, etwas Technologie, eine Portion Naturwissenschaft und viele künstlerische Prozesse zur Erfassung ihrer und unserer Umgebung. Raum- und Zeitwahrnehmung sind sich ergänzende und immerwährende Dimensionskomponenten. Das Große im Subtilen erfassen.

Seit 2012 ist ihr Werk in Ausstellungen zu sehen, fokussiert auf örtliche Gegebenheit, Architektonik und zeitliche Zusammenhänge. Aus Arbeit entsteht Arbeit.

114m oder die Metamorphose von Linie zu Raum

Die Linie aus Licht sucht eine andere Dimension – wird Tiefe.

Lebensrealität trifft künstlerisches Verlangen.

Von einem anderen Ort geträumt – entsteht eine neue Stelle.

Das Maß aller Dinge

Die Umgebung ist panoramahafte Bildfläche, 114m ist das Pixel, der abstrakte winzige Bildpunkt darin.

In der Form ist die Sprache zuhause.

Wenn die Tiefenangabe in die Gefühlswelt eindringen wird.

Der Messpunkt sagt nichts über die Topographie der Skulptur aus.

Wer Tiefe sucht, bleibt relativ und indifferent.

Veränderter Ausgangspunkt: die maximale Seetiefe liegt bei 424m ÜNN.

Unter Wasser sind die Messpunkte unsichtbar. Das Tiefenmaß wird über Wasser zum Versmaß.

Die Spiegelung verwischt das Oben und Unten

Die Poetik liegt in der Doppelung seiner selbst. Ich muss nach unten schauen, um das Oben zu sehen.

In der Umkehrung liegt das Narzisstische begründet. Der Schriftzug gefällt sich selbst, auch spiegelverkehrt, auf dem Kopf stehend.

Wind und Wellen sind die Unschärfe der Bedingung. Oder ein sich veränderndes, verzerrtes Oberflächenbild.

Veränderung als Dauerzustand. Die innere Befindlichkeit wird punktiert.

Das Licht bleibt ein Versprechen

Wenn die Lichtlinie zur Ziffer wird, bleibt die Ordnungszahl 10 bestehen. Der Verweis auf das chemische Element lässt nachts Neon im ländlichen Raum neu schweben.

Die urbane Werbetechnik vermittelt Richtungsbezogenheit in der Landschaft. Land-Art städtisch gedacht. Im Alltagsmaterial verankert.

Definiertes Vorne, definiertes Hinten

Gotische Auffassung von Skulptur, hierarchische Sichtachsen.

Die wechselnden inneren und äußeren Lichtverhältnisse sind Sequenzmotiv, Metamorphosen und Aggregatszustände.

Die Leuchtmarkierung findet ihr eigenes Glücksmoment.

Für die Schöpfung hat es nicht gereicht – also machen wir Kultur

Wolfgang von Regensburg und Ägidius von Athen. Die Heiligen und ihre Orte. See und Gemeinde.

Der Hauptverehrte als See mündet ins Schwarze Meer, die Gemeinde klammert sich ans nördliche Seeufer.

Das Beil und die Hirschkuh – die Malerei hat ihre Symbole für die beiden.

Als die Natur noch heilig war huldigte man ihr mit Kultur. Beide brauchen Schutz – gleichermaßen. Wer nur in Kategorien denkt, spricht der Natur die Kultiviertheit ab.

Metamorphosis.

Zustand und Haltung tragen sich einander.

Wortwerk: Miriam Hamann und Claus Friede