Salzburger Land

Alice von Alten – Straining Field

Text und Interview: Domenika Meindl

Wir beobachten ein Spannungsfeld im Wortsinn: Von der Krone straff herunter gespannte Seile scheinen die drei Bäume am Wolfgangsee regelrecht in ein Korsett zu zwängen, das ihre besondere Wuchsform hervorgebracht hat. Sie werden dirigiert, förmlich zu Boden gezerrt, und sind im Begriff zu kippen. Doch wird diese Gewalt hier nur suggeriert. Mit ihrer Installation auf dem Parkplatz neben der Franzosenschanze hinterfragt Alice von Alten Stellung und Absichten des Menschen gegenüber der Natur und anderen Lebewesen in Zeiten des Klimawandels und der Globalisierung. So wird die touristisch genutzte Landschaft zur Bühne für künstlerische Interventionen wie gesellschaftliche Herausforderungen.

Alice von Alten, geboren in München, lebt und arbeitet in Wien. Sie studierte Inter Architecture (ein Studiengang, der einen künstlerischen Zugang zu Architektur vermittelt), Landschaftsdesign und ortsbezogene Kunst in Amsterdam und Wien. Sie ist medienübergreifend zwischen Malerei, Fotografie und Collage, Skulptur und Installationskunst tätig.

Wie hast du den Ort für „Straining Field“ gefunden?

Supergau findet im Flachgau und entlang der Buslinien 120 und 150 statt. Ich bin an zwei Tagen das Festivalgebiet abgefahren und habe nach möglichen Projektorten gesucht. Der letztendlich gewählte Ort hat mich überzeugt, weil er meiner Arbeit eine gute Sichtbarkeit bietet. Die Arbeit ist ortsbezogen und geht auf Gegebenheiten ein, die erfüllt sein müssen. Auf der Fast-Halbinsel stehen die drei Birken, von welchen ich die Seile spanne, wie auf einer Bühne vor dem Wolfgangsee und mächtigem Gestein am anderen Ufer.

Straining Field © Alice von Alten

Um welche drei Bäume handelt es sich genau?

Um Birken. Sie sind einstämmig, haben einen hellen Stamm und die Krone ist nicht so dicht, also sind die Seile, die ich für meine Arbeit verwende, gut sichtbar. Was hast du im Speziellen bezüglich des Umgangs mit der Natur an diesem Ort beobachtet? Es gibt ein großes touristisches Angebot, welches Skilifte und -pisten und Wanderwege am Berg und im Tal an den Seen umfasst.

Hast du einen Bezug zur touristischen Vernutzung des Gebietes, zum Weißen-Rössl Nachkriegskitsch?

Nein.

Findest du es irreführend, zu glauben, dass man durch das Pflanzen von ein paar Bäumen seinen Beitrag gegen die Umweltzerstörung geleistet habe?

Das Pflanzen von Bäumen hat natürlich Symbolkraft, gerade wenn man an Beuys denkt und sein Projekt „7000 Eichen“. Prinzipiell ist ein Beitrag im Kleinen auch besser als keiner, aber es wären zusätzliche Maßnahmen von Seiten der Politik notwendig.

Was denkst du über den aktuell durch die Pandemie verstärkten Drang, aufs Land zu ziehen? Und über die boomende Konsumsparte „Landlust“? Ist das ein romantischer Trend, der Backlash nach den Jahrzehnten der Urbanisierung? Ein Privileg der Wohlhabenden?

Durch die Pandemie wurden alle Möglichkeiten, die eine Stadt bietet, beschnitten, ja sogar verboten. Was hält einen dann noch in der Stadt? Zusätzlich machen sich Angst und Unsicherheit breit und als konsequente Folge davon suchen wir Schutz und Geborgenheit im „Grünen“. Man beginnt die „Natur“ zu idealisieren, sie wird zum Rückzugsort und Ort der Inspiration. Wir suchen nach Erleichterung, Befreiung und Halt und laden diese Orte mit Bedeutung auf.

Was denkst du über den spezifisch österreichischen Umgang mit der Landschaft, der Natur?

Zum einen ist da ja historisch der Sieg über bedrohliche Naturgewalten, zum anderen eine Unterwerfung zugunsten des Tourismus.

Österreich ist geprägt durch die Alpen, mehr als durch den flachen Osten. Grundsätzlich ist der vermittelte Umgang mit dieser Natur, der idealisierten Landschaft, zu hinterfragen.
Wir kennen alle die Postkartenmotive, die unberührte Natur implizieren und Sehnsüchte hervorrufen. Zum einen haben wir Respekt vor der Erhabenheit der Berge, zum Anderen einen Drang, diese zu besteigen und zu dominieren. Diese Wechselwirkung finde ich interessant. Wenn man wandert, merkt man sehr schnell, wie zerfurcht auch die Berge sind durch Wanderwege und Almen. Was ist also die Natur, von der wir glauben sie auf den Postkarten zu erkennen?

© Alice von Alten

Stichwort „Gärten des Grauens“, geknechtete Flora und Fauna im Privaten –
ist das eine Art, 
Herrschaft im Kleinen auszuüben?

Natürlich, der Garten ist immer eine Zähmung der „wilden“ Natur, er ist geschichtlich betrachtet seit Anbeginn ein Abbild der Welt, eine Darstellung gesellschaftlicher und politischer Trends. Die sogenannten „Gärten des Grauens“ sind meiner Ansicht nach eine Auswirkung der Baumarkt-Do-it Yourself-Kultur und des schnellen Bauens, dem Trend zu Fertigteilhäusern: kostengünstig, wenig Aufwand in der Entscheidung und Errichtung und leicht zu pflegen. Wahrscheinlich ist auch
Zeitmangel ein entscheidender Faktor.

Erzähl’ bitte kurz über dein Studium von Landschaftsdesign und der
„Ortsbezogenen Kunst“ und, von deinem speziellen Zugang dazu!

Genau diese Zusammenhänge zwischen der Gestaltung und dem gesellschaftlichen Hintergrund,
den Beweggründen, haben mich schon immer interessiert. Es beinhaltet vor allem ja auch immer eine Auseinandersetzung mit uns selbst und wie wir uns einordnen im Zusammenleben mit anderen Lebewesen und der Umwelt. Zu Beginn des Studiums Landschaftsdesign an der Universität für angewandte Kunst Wien wurde ich von meinem Professor nach Frankreich in den ersten Barockgarten geschickt, Vaux le Vicomte, um ihn zu studieren. Der Garten war Vorbild für Versailles, der rein als Machtdemonstration von Ludwig XIV diente. Die Anlage, die vom Schloss aus über die strahlenförmig angelegten Achsen überschaubar ist, beinhaltet hier erstmals auch eine strenge Dominanz
gegenüber der Natur, den natürliche Elemente wie Pflanzen unterliegen in ihrer Anordnung und Form auch diesen streng geometrischen Merkmalen. Im Studium haben wir immer versucht auf die Gegebenheiten  vor Ort einzugehen und mit diesen zu arbeiten, zu recherchieren und Orte sozusagen zuerst zu analysieren. In der Realisierung der künstlerischen Arbeiten waren wir sehr frei,
ich bewegte mich zwischen Landschaftsarchitektur und Kunst; beides, die Gestaltung und
auch der rein künstlerische Umgang mit Landschaft interessieren mich.

Ist es für dich erstrebenswert, dass die eigene Hervorbringung mit der Landschaft verschmilzt und in ihr wieder aufgeht?

Landschaft bildet dementsprechend natürlich einen idealen Raum, um diese Themen zu bearbeiten,
für die Installationen ist das schon mein Ziel. Aber ich arbeite nicht nur in der Landschaft, sondern medienübergreifend und sozusagen auch im Innenraum.

Gibt es neben „Straining Field“ ein Supergau-Projekt, das dich besonders interessiert und das du empfehlen möchtest?

Vor allem finde ich das Projekt Das Gelbe vom Gau spannend, bei dem ein Heißluftballon, der auf der Erde liegend auf- und abgeblasen wird, den Sonnenauf und -abgang imitieren soll.

Ich freue mich auf das inszenierte Bild, wie es fast ironisch auf diesen aufgeladenen Moment und vermarkteten Augenblick verweist. Die Supergau Homepage bietet einen guten Überblick über alle Projekte und ihre Verortung, sie sind für mich alle interessant und zeigen unterschiedlichste Auseinandersetzungen und mit Landschaft und Natur.

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