Heinz Bayer ist seit 1979 als Journalist tätig. Viele Jahre bei den Salzburger Nachrichten, zuletzt als Chefredakteur des zum Medienkonzern der SN gehörenden Salzburger Verlagshauses. Er ist seit 2024 im Ruhestand und arbeitet als freier Journalist. Heinz Bayer lebt in Saalfelden. Seine Passion ist, neben dem Schreiben, die Fotografie.
Das Leben? Ja, es ist ein Marathon. Der, von dem hier die Rede ist, begann 1986. Er währt also fast schon 40 Jahre. Und er ist noch immer nicht zu Ende.
Vielleicht haben Sie das schon einmal erlebt: Sie sitzen an einer kleinen Quelle. Und freuen sich. Denn – Sekunde um Sekunde sprudelt Lebenselixier aus ihr hervor. In diesem konkreten Fall ist es jenes Lebenselixier, das wir „Kultur“ nennen.
Und dort, unmittelbar an dieser Quelle, arbeiten seit 1986 zwei Menschen: Susanna Vötter-Dankl und Christian Vötter. Das Dach, das sich über diese Quelle wölbt, nennt sich TAURISKA.
Der Verein namens TAURISKA wurde 1986 von Alfred Winter gegründet. Der Begriff leitet sich von einem stolzen keltischen Volksstamm ab, der vor etwa 2000 Jahren in der Region lebte.
Ja, und dieser Alfred Winter tat, was ein Winter eben so tut – er brachte am Ende den Frühling mit sich. Einen Frühling, der gleich mehrere robuste Blüten entwickelte, damals, als der Nationalpark Hohe Tauern im Oberpinzgau Gestalt annahm.
- Im Zentrum standen die Förderung des (Selbst-) Bewusstseins in der Region.
- Verbunden mit der Wiederentdeckung von Bräuchen und Fertigkeiten.
- All das eingebunden in ein Format, das sich „geistige Dorferneuerung“ nannte.
- Dazu kamen publizistische Aktivitäten und die Förderung heimischer Talente.
- Nicht zuletzt aber vor allem die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit der Leopold-Kohr-Akademie.
Der Philosoph Leopold Kohr, 1909 in Oberndorf bei Salzburg geboren und 1994 in Gloucester (Großbritannien) verstorben, war quasi Urvater und Geburtshelfer von TAURISKA und erster Präsident des Vereins.
In einem umfassenden Rückblick auf seine Arbeit für den Verein ist zu lesen: „Kohr war stets ein Verfechter einer zeitgenössischen Regionalkultur. Er liebte seit seiner Kindheit das Leben auf dem Land und bekämpfte jene elitären Theorien, wonach nur in Städten ein interessanter Kunst- und Kulturbetrieb möglich sei.“
Weiter heißt es: „Er ging davon aus, dass der Sinn für gutes Design, Kreativität und Ausdruckskraft seit Jahrtausenden gerade in der Landbevölkerung verankert sei.“
Kern der Botschaft von Kohr und von TAURISKA war und ist bis heute „Das menschliche Maß.“ Das liest sich so:
„Der Mensch kann mit sich und seinesgleichen nur glücklich werden, wenn er in einem Raum lebt, den er überschauen kann. Nur dann, wenn er einen Begriff von der Größe, der Beschaffenheit und der Natur seiner Lebensumgebung hat."
Nur dann wäre er nicht nur der beliebige Teil in einer beliebigen Welt.
Im Gegenteil: Er könne, wenn das menschliche Maß die Richtschnur ist, an seiner eigenen Welt teilnehmen, sie mitgestalten. Kohr: „Als Mensch unter und mit anderen Menschen.“
Susanna Vötter-Dankl und Christian Vötter machten sich damals, als Zwanzigjährige, auf den Weg. Gemeinsam mit Alfred Winter.
Tauriska in Zahlen
In Zahlen gegossen liest sich das Ergebnis so:
3.054 Veranstaltungen (!) mit rund 216.000 Besucherinnen und Besuchern.
Seit den Anfängen ist der TAURISKA Kammerlanderstall in Neukirchen Heim- und Veranstaltugsstätte. 510.000 Interessierte besuchten ihn seit 1986.
Dazu erschienen im TAURISKA-Verlag 173 Publikationen.
Was weder Susanna und Christian Vötter noch der langjährige Beauftragte des Landes für kulturelle Sonderprojekte, Alfred Winter, wollten, war der Bau eines Elfenbeinturms als Hort elitärer, importierter Kultur. Vielmehr, das betonen Susanna und Christian immer wieder, sei die Einbindung und Mitnahme der lokalen Bevölkerung das Um und Auf.
Deshalb haben lokale Künstler und ihr Schaffen, haben auch die wunderbare lokale Mundart, hat das reiche Vereinswesen der Region im Kammerlanderstall ebenfalls ihren fixen Platz.
Einerseits.
Andererseits machte TAURISKA mit der Leopold-Kohr-Akademie und deren Zusammenarbeit mit der Universität Salzburg einen maßgeblichen Schritt in den städtischen, den urbanen und damit auch internationalen Bereich. Denn, soviel Kohr seine Philosophie des menschlichen Maßes und des lokalen Denken und Handelns predigte – zugleich war er doch auch ein Weltbürger.
Und jetzt wird es kulinarisch, denn die Arbeit von TAURISKA ist, und das in vielerlei Sinn, absolut wohlschmeckend. Denn gemeinsam mit Landwirten und Obstbauern der Region entwickelte man die Obstpresse in Bramberg zu einer Institution mit großer Strahlkraft. Alte Apfelsorten wurden wieder angepflanzt, das Wissen darüber in Projekten mit den örtlichen Schulen verankert und an eine junge Generation weitergegeben.
Zugleich wurden und werden aber auch in der Stadt Salzburg Zeichen gesetzt. Diesmal im Rahmen der „7. Leopold Kohr-Summerschool.“ Sie findet am 11. September 2025 statt. In der Stieglbrauerei Salzburg. Inhaltlich steht ein wesentliches Thema auf der Tagesordnung: „Was ist das richtige Maß im Tourismus?“, so die Frage. Beteiligt sind Land und Stadt Salzburg, die Paris Lodron Universität Salzburg und eben TAURISKA (Anmeldung: office@tauriska.at oder mobil: 0664/52 05 203).
In der engagierten Arbeit von TAURISKA fanden und finden auch Meisterleistungen ihren Platz, die im Stillen geschehen. So etwa die eines echten Originals. Im Rahmen von „Bewegliche Figurenwelt trifft zeitgenössische Kunst“ wird das Leben und Werk des lokalen Künstlers Steinberg Thoma auf einzigartige Weise gewürdigt.
Christian Vötter:
„Es ist eine Hommage an Thoma, der 1909 in Stuhlfelden geboren wurde und 1997 in Neukirchen verstarb. Er schuf eine faszinierende, mechanische Figurenwelt, die nun erneut der Öffentlichkeit präsentiert wird."
Dank der intensiven Arbeit von Engelbert Zlöbl konnten die beschädigten Figurenspiele restauriert und wieder funktionsfähig gemacht werden.
Figurenspiele vom „Steinberg Thoma“
Thoma Felix de Martin Pinter, vulgo „Steinberg Thoma“, starb am 17. Jänner 1997. Schon Ende der Fünfziger Jahre versuchte er sich mit ersten Laubsägearbeiten und kleinen Figurengruppen eine eigene, kleine Welt zu bauen. Um nach dem Tod seiner Lebensgefährtin Ablenkung zu finden, besann er sich auf seine Talente. Er griff wieder zu Messer, Laubsäge und Zirbenholz. Er schuf eine große Zahl beweglicher Figuren und setzte sie in Szene. Er tat es, indem er sie in Situationen des ländlichen Lebens, der ländlichen Arbeitswelt einbettete:
„Mag sich jeder Mensch denken, was er will, ich baue einfach das Figurenspiel. Für die Einsamkeit am Steinberg war es eine wahrliche Rettung für mich. Was wäre sonst aus mir geworden? Ein Raucher und Säufer?"
Alle seine Figurengruppen, es sind an die 30 Stück, zeigen typisches altes Handwerk und Begebenheiten aus dem bäuerlichen Alltag. Sie können durch kleine Kurbeln bewegt werden.
Literatur findet Land
Aber – da ist noch etwas. Zum Beispiel seit 2019 das Festival „Literatur findet Land.“ Susanna Vötter-Dankl: „Literatur wird oft mit der Stadt gleichgesetzt. Um dieses Klischee zu hinterfragen, starteten wir unser Festival.“ Es wird vom in Wien lebenden Schriftsteller Florian Gartner kuratiert und findet 2025 von 12. bis 14. Juni statt.
Alle Informationen zu TAURISKA, der Leopold-Kohr-Akademie und den kommenden Veranstaltungen finden Sie unter www.tauriska.at und www.leopold-kohr.at