Salzburger Land

Angelika Wischermann – Zaunbewegung

16.–2. Mai 2021

Angelika Wischermann – Zaunbewegung

Linie 120, Haltestelle Mattsee Außerhof

In Wien zuhause_zuhause in Wuppertal (Nordrhein-Westfalen) aufgewachsen.

Bewegung und Spuren Performativ arbeitet die Künstlerin, Spuren hinterlassend. Es entstehen aus den zeitlichen und örtlichen Zusammenhängen Objekte, Installationen, Zeichnungen und Videos. Sie können sowohl an anderen Orten präsentiert werden als sie ursprünglich entstanden sind als auch an jenen Orten der Ausgangsidee – ihre Bezüge bewohnen sie in jedem Fall weiterhin konsequent. Die Künstlerin legt Wegstrecken in vielerlei Auslegungen zurück – beginnend mit jener Arbeit, die sie für das Supergau-Festival im Flachgau vorgeschlagen hat: „Zaunbewegung“1. Überhaupt spielt Bewegung eine durchgehend intensive Rolle in ihrem Gesamtwerk, egal, ob es sich um Durchgangszimmer (2015) handelt, gegen die Wand (2013) zu laufen, sich mit zwei Spanplatten (2012) den öffentlichen Raum zu erobern oder die Spuren von Bewegung_Bewegung zu hinterlassen, dort, wo man schön gelegen (2016), auf eigenen Beinen (2018) gestanden hat oder abgetreten (2020) vor der Wohnungstür lag. 2

Zaunbewegung © Angelika Wischermann

In der Zaunbewegung (2021) steckt der Mobilitätsbegriff bereits explizit im Titel und bedient sich einer Methode aus dem alten Ägypten, um Dinge zu bewegen und zu transportieren: hinten etwas wegzunehmen, was man vorne wieder heransetzt. Das Werk zieht bereits im Vorfeld in mehrerlei Hinsicht eine Spur: eine dünne Markierungslinie auf einer Karte des Flachgaus von da_nach_dort_dort_nach_da. Diese Linie ist Raumangabe – Mitterhof bis Oberturm und ebenso Zeiterfassung – 10 Tage lang von 13:30 bis 17:30 Uhr. Die Koordinaten sind gesetzt_gesetzt ist bereits früh der Streckenverlauf.

Was passiert im landschaftlichen Raum, wenn eine urbane Kunstperformance sich den Weg_weg bahnt? Es entstehen Dreiklänge aus „Vorher – Handlung – Nachher“, aus „Kennen – Erleben – Erinnern“ und aus „Zeit – Körper – Material“. Keine der jeweiligen drei Situationen werden identisch sein. In all ihren Werken werden grundsätzlich verschiedene Zeitebenen definiert als lediglich jene

Momente der eigentlichen Aktion – oder später dann der Präsentation: Ein gedankliches All-Over-Prinzip_Prinzip-Over-All.

Ein Industriezaun mit weißer Gaze, ein wenig transparent und dennoch Sicht-versperrend, wandernd im Transit, Element-verliebt, nach Ausgrenzung oder Abgrenzung fragend, gönnt sich über Nacht unbewegliche Ruhe, bevor es weitergeht. Tageszeitlicher Rhythmus, wetterunabhängig.

Kennen Sie eigentlich Lin Yilin Yilin Lin?

Er ist ein chinesischer Künstler, der in Guangzhou und New York lebt 3.
 Es war im Jahr 1995 als er eine Performance in seiner südchinesischen Heimatstadt, die man imdeutschen Sprachgebrauch Kanton nennt, ungenehmigt veranstaltete.

Davon_übriggeblieben_übriggeblieben_davon ist ein Dokumentationsvideo mit dem Titel: „Safely

Manouvering Across Lin He Road“ (dt.: „Wie komme ich sicher über die Lin-He-Straße“) 4.

Ob Angelika Wischermann diese Arbeit_kennt_kennt_Arbeit, bleibt als Frage bestehen. Eventuell hat sie diese bei der „documenta12“ (Juni-September 2007) gesehen. Wenn nicht, ist die Ähnlichkeit zwar vorhanden und paradigmatisch und es ergeben sich Erinnerungsmomente daran, jedoch eher im Sinne einer Erweiterung. In ihrem Kontext steht die „Zaunbewegung“ in logischer und eigener Werktreue.

Fragen von Claus Friede: Was_waren_was_sind die größten Herausforderungen, um diese Arbeit zu realisieren?

Antworten von Angelika Wischermann: Die größte Herausforderung war ein geeignetes Wegstück für die Performance zu finden. Acht Tage lang bin ich fußläufig sämtliche Wege in Obertrum und Umgebung abgegangen, bis ich ein Wegstück gefunden habe, das sich ästhetisch und technisch für den Zaunbauprozess eignet.

Könnte diese Performance_Performance eigentlich an jedem Ort prinzipiell stattfinden?

Die Performance ließe sich wohl auch an anderen Orten realisieren. Allerdings spielen Wegbegebenheiten eine Rolle, nicht jeder Weg eignet sich gleichermaßen für diesen Bauprozess. Auch spielt für mich die landschaftliche Einbettung der Performance eine wichtige Rolle. Sollte die Performance also an einem anderen Ort stattfinden, müssten auch hier im Vorfeld wieder die Wege abgegangen und örtliche Besonderheiten analysiert werden.

Steckt in Ihrer Arbeit ein Moment von Konstruktion_Dekonstruktion, vergleichbar einer russischen Matrjoschka – in der Vorstellung einer unendlichen Fortführung?

Die Vorstellung einer unendlichen Fortführbarkeit spielt in meinen Werken eine wichtige Rolle. Die Handlung muss erst von ihrem Zweck entfremdet werden, um sie zu einem neuen ewig fortführbaren Bewegungsablauf werden zu lassen, der sich raupenähnlich einen Weg durch die Landschaft bahnt.

Kennen Sie eigentlich Sisyphos? Ist Kunst eine göttliche Strafe, aus der wir etwas lernen können?

Die Vorstellung von Sisyphos als eine Person die, bis in die Unendlichkeit, immer wieder die gleiche

Handlung ausführt, spielt in meinem Werk eine sehr wichtige Rolle. Bewusst lege ich Tätigkeiten so an, dass ein offensichtlich vergebliches Treiben entsteht. Allerdings nicht mit der Sichtweise der Arbeit  als (göttliche) Strafe. Sondern eher wie bei Camus „Mythos des Sisyphos“. Es geht darum, die  Sehnsucht der Menschen nach einem Sinn zu hinterfragen. Wiederholung können auch als etwas  Positives, bereits Bekanntes gesehen werden und nicht nur als etwas Stupides und Un-Innovatives.  Kommt es auf eine geistige Entfernung an oder auf physische Wegstrecke? Die tatsächlich zurückgelegt physische Wegstrecke spielt für mich bei der Arbeit keine wichtige Rolle. Die Wegstrecke hängt von meiner körperlichen Verfassung und der Zeit, die es braucht, die Tätigkeit auszuführen, ab. Neben der Begegnung mit Anwohner*innen und Festivalgästen spielt das Zurücktreten und das entfernte Betrachten der Arbeit eine wichtige Rolle. Denn erst aus dieser entfernten Betrachtung lassen sich ästhetische Besonderheiten, Verknüpfungen mit menschlichen Sicht- und Verhaltenswiesen sowie kunstgeschichtliche Zusammenhänge und Werkbezüge erkennen.

Fazit: Was macht also ein Zaun in der Landschaft? Er_bewegt_sich_immerfort…


1 In dem Projekt „Zaunbewegung“ baut die Künstlerin Element für Element einen Bauzaun durch die Landschaft in dem das jeweils hintere Zaunstück weggenommen und an das vordere Stück angebaut wird. Weitere Informationen unter
2 Weitere Details zu einzelnen Werken: https://angelikawischermann.com/
3 Weitere Informationen unter https://www.linyilin.com (engl.)
4 „Viel präziser aber wäre die Frage: Wie schafft es der Künstler 48 riesige und schwere Ziegelsteine ohne Hilfsmittel wie Schubkarre oder ein Heer von Helfern von einer Seite der Straße auf die andere zu einer riesigen Baustelle zu bringen – quer durch den fließenden Verkehr! So türmte er jeweils 12 Steine in einer Viererreihe als Mauer übereinander und fängt an einem Ende an, diese abzutragen, um sie auf der anderen Seite der losen Mauer wieder aufzutürmen. So wandert die Mauer einmal in knapp 50 Minuten quer über den Zebrastreifen. Dass das nicht so einfach zu machen ist, liegt an mehreren Faktoren: Zunächst ist da der laufende Verkehr: Busse, Radfahrer, Autos und Fußgänger, die dem Hindernis ausweichen müssen. Klar, dass das nicht ohne Hupen und aus den Fenstern gerufenen Kommentaren und Beschimpfungen abgeht. Die Fahrer zeigen sich letztlich doch recht tolerant, denn eine Berührung der Mauer durch ihr Fahrzeug kann ungeahnte Folgen mit sich bringen, insbesondere Kratzer im Lack. So wird dem Betrachter schnell klar: Nicht die Mauer ist in Gefahr umgefahren zu werden, um den Künstler muss man sich weitaus mehr Sorgen machen.“ Quelle: FRIEDE,
Claus: Documenta 12, in: REICHARDT, Dagmar; THIESSEN-SCHNEIDER, Gudrun (Hrsg.): Follow Arts – Texte zu digitalen Welten und
analogen Formaten von Claus Friede, Berlin 2020, S. 171-172

Bei Abdruck ist der Autor des Textes zu nennen: Claus Friede

Mehr Informationen zum Supergau für zeitgenössische Kunst

www.supergau.org

legalweb.io
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